Der treue Leser dieses Blogs erinnert sich: vor über 2,5 Jahren entschied ich mich – trotz großer Google-Leidenschaft und daher schweren Herzens – den Einstieg in das Smartphone-Segment mit Apple zu wagen. Inzwischen ist viel passiert, doch ob sich etwas ändert steht zum aktuellen Zeitpunkt mehr denn je in Frage. Lest hier wieso und warum:
Die Jahre mit meinem Apple iPhone 4 würde ich prinzipiell als eine stressfreie Zeit bezeichnen, was das Telefonieren und Hantieren mit dem Gerät angeht. Spätestens seit dem Jailbreak wurden eigentlich alle technischen Anforderungen erfüllt, die ich an ein Smartphone stelle. Die störenden Macken kamen eher mit der Zeit: Nach ca. 30 Monaten verabschiedete sich zunächst der Power-Button (Reparaturkosten: 40 Euro inkl. Versand) und eines Tages ging das Gerät aus, fing an zu vibrieren und hörte damit ca. 5 Minuten nicht mehr auf. Danach ging es auch erstmal nicht mehr an. Erst nach ca. 1 Std. Wartezeit tat sich wieder was, als es mit einem Kabel verbunden war. Die Zeit für einen Wechsel schien also reif.
Die Unzufriedenheit mit meinem kleinen Handcomputer projizierte ich schnell auf den Hersteller: Apple. Für mich ein klares Zeichen, den Hafen der Heimat anzusteuern und meinem wahren technischen Idol wieder ein Stück Treue zu beweisen. Der Vorteil des Google-Betriebssystems (große Auswahl an Endgeräten unterschiedlicher Hersteller mit Cross-Kompatibilität) wurde in dieser Entscheidungsphase jedoch schnell zum Nachteil: Die Unübersichtlichkeit des Marktes und die Vielfalt der Geräte und Eigenschaften führten mich letztendlich zum HTC One S. Wieso? Es ist weder riesig noch schwer und es ist besser als das (in Sachen Prozessor/RAM) oder zumindest äquivalent zum (in den restlichen Hardwarebereichen) iPhone 4.
Kaum war der Wechsel vollzogen und das Gerät gerademal 3 Wochen in Gebrauch, stellte sich die große Ernüchterung ein (der Schwere des Problems nach aufsteigend geordnet):
- Der externe Lautsprecher ist so leise, dass Navigation im Auto (in diesem Fall mit der mitgelieferten App Maps) nicht möglich ist.
- Weder der bereits installierte Kalender noch der Google Kalender unterstützt das Verschieben von Terminen aus einem zu einem anderen Kalender und die Synchronisation der Termine scheitert von Zeit zu Zeit.
- Android in Verbindung mit O2 unterstützt keine Visual Mailbox. Der Schritt zu Android bedeutet folglich für jeden ehemaligen iPhone-Nutzer mit O2-Netz den Schritt zurück in die Mailbox-Steinzeit.
- Die Ladezeiten für viele Apps (z.B. Tagesschau, Emails, Chrome) stellten sich als bedeutend länger heraus als ich dies vom iPhone 4 gewöhnt war (z.B. waren Wartezeiten von ca. 5 oder mehr Sekunden bis zum Anzeigen der Startseite der Tagesschau-App üblich, während das iPhone zumindest die zuletzt angezeigte Version der Startseite sofort parat hatte; analoges Verhalten bei einzelnen Artikeln) – und das trotz vollen HSDPA-Empfangs.
- Die Backup-Funktion von Android unterstützt im Gegensatz zum iPhone nicht die Wiederherstellung des gesamten Homescreens inklusive sämtlicher Einstellungen und Apps, sondern beschränkt sich auf gewisse Telefoneinstellungen und die Sicherung der Apps. In meinem konkreten Fall wurde bei der Zurücksetzung des HTC One S auf Werkseinstellungen im Anschluss trotz Verbindung zum Google-Konto keine Wiederherstellung durchgeführt, d.h. ich hätte alle Apps erneut installieren und die Grundkonfiguration nochmals durchführen müssen. Die Wiederherstellung des iPhones funktionierte problemlos via iCloud Backup, mit der einzigen Einschränkung, dass der Jailbreak verloren ging.
- Die Tastatur ist merklich ungenauer als die vom iPhone. Dies stellt sich insbesondere bei der Fehlerkorrektur heraus, die viele Wörter nicht korrigiert, da sie diese entweder nicht erkennt, sie nicht in der Lage ist längere Verbundwörter zu interpretieren oder die Tippgeschwindigkeit für das Display offensichtlich zu schnell ist. Das Schreiben mit dem Gerät ist damit deutlich mühsamer und zeitintensiver als mit dem iPhone.
- Das Rooten eines HTC-Telefons ist deutlich komplizierter als der Jailbreak eines iPhones, sodass die wahre „Anwenderfreiheit“ im Falle eines HTCs schwieriger herzustellen ist als bei einem iPhone. Darüberhinaus lässt sich HTC die „Freischaltung“ mit dem Verfall der Gewährleistungspflicht bezahlen (HTC wird beim Rooten explizit darüber informiert und der Nutzer akzeptiert dabei die eingeschränkte Gewährleistung in Bezug auf softwarebedingte Mängel), wohingegen der Jailbreak eines iPhones durch ein Zurücksetzen auf Werkseinstellungen/das Aufspielen eines Backups/Updates rückgängig gemacht werden kann.
- Die Micro-SIM, die im iPhone 4 niemals Probleme bereitete, wird plötzlich, wie aus heiterem Himmel und bei laufendem Betrieb, manchmal nicht erkannt. Abhilfe kann nur ein manuelles Wiedereinsetzen der Micro-SIM schaffen.
- Bei Telefonaten (egal ob eingehend oder ausgehend) deaktiviert sich anscheinend das Mikrofon, und zwar entweder bereits zu Beginn des Gesprächs oder aber wenige Sekunden nach Gesprächsbeginn, sodass ich meine eigene Stimme im Lautsprecher höre. Allerdings kann ich den Gesprächspartner nicht hören und dieser versteht mich ebenso wenig.
Kurzum: Das Telefon hatte den Vergleich zum iPhone in Sachen Zuverlässigkeit und Praktikabilität im Alltagsgebrauch bereits nach wenigen Wochen nicht bestanden.
Nach einem Monat Smartphone-Experiment also wieder die alte und neue Frage: Was kaufen?!